Donnerstag, 13. Januar 2022

Dein Licht der Musik erleuchtet die Welt


Ich weiß nicht, wie du singest, 

mein Meister, 

ich lausche immer in stillem Staunen.



Dein Licht der Musik 
erleuchtet die Welt. 

Der Lebenshauch deiner Musik 

läuft von Himmel zu Himmel. 

Der heilige Strom der Musik 

durchbricht alle Hindernisse 

von Stein und stürzet fort.


Mein Herz ersehnt, 

deinem Sang sich zu einen 

und ringt umsonst nach Stimme. 

Ich wollte sprechen, 

doch Sprache fügt sich dem Sang nicht, 

da schrei ich getäuscht auf! 

O du hast mein Herz gefangen 

in deines Liedes endlosen Maschen, 

mein Meister. 

 

Rabindranath Tagore 
aus: Gitanjali
 

Dienstag, 1. Juni 2021

Der Nektar wahren Glaubens

Solange ein Mensch um Dogmen und Lehrmeinungen streitet, 
hat er noch nicht den Nektar wahren Glaubens geschmeckt. 
Sowie er ihn schmeckt, wird er still. 
 

Sri Ramakrishna

In denTagen deiner Unwissenheit

Du siehst nachts viele Sterne am Himmel, aber findest sie bei Sonnenaufgang nicht mehr. Kannst du deshalb sagen, dass tagsüber keine Sterne am Himmel stehen? So sage auch nicht, dass es keinen Gott gibt, weil du ihn in den Tagen deiner Unwissenheit nicht siehst.

Sri Ramakrishna

Montag, 31. Mai 2021

Aller Grüne ein milder Hauch






Ich, die Liebe, bin aller Grüne ein milder Hauch, 

indem ich Blüte und Frucht aller Tugendkraft hervorbringe 

und sie in den Gesinnungen der Menschen festlege und aufbaue.

 

Hildegard von Bingen

 Foto©xenia illapo



Donnerstag, 27. Mai 2021

Nimm all meine Freiheit, mein Gedächtnis, meinen Willen


Herr Jesus Christus,
Nimm all meine Freiheit, mein Gedächtnis,
Meinen Verstand und meinen Willen.
Alles, was Du mir gegeben hast und ich so sehr schätze.
Gerne gebe ich es Dir hin, um von Deinem Willen geführt zu werden.
Deine Gnade, Deine Liebe und Dein Reichtum sind genug für mich.
Bitte gib mir diese, Herr Jesus und ich werde um nichts anderes mehr bitten.  
 
Ignatius von Loyola

Montag, 10. Mai 2021

Werde selbst das Wesen!


Freund, es ist auch genug.
Im Fall du mehr willst lesen,
So geh und werde selbst
die Schrift und selbst das Wesen!


Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann, VI, 263)



Samstag, 8. Mai 2021

Ich will Gott bitten, dass er mich leer und rein mache

Ich will Gott niemals bitten, dass er sich mir hingeben soll; ich will ihn bitten, dass er mich leer und rein mache. Denn wäre ich leer und rein, so müsste Gott aus seiner eigenen Natur sich mir hingeben und in mir beschlossen sein.
 
Meister Eckhart

Freitag, 7. Mai 2021

Wenn Gott die Seele in sich zieht...

 

Wenn man einen Tropfen in das wilde Meer gösse, so verwandelte sich der Tropfen in das Meer und nicht das Meer in den Tropfen. So (auch) geschieht es der Seele: wenn Gott sie in sich zieht, so verwandelt sie sich in ihn, so dass die Seele göttlich wird, nicht aber Gott zur Seele ... Da bleibt die Seele in Gott, wie Gott in sich selbst bleibt.

Meister Eckhart

Montag, 3. Mai 2021

Wenn du mir befiehlst zu singen...

Wenn du mir befiehlst zu singen, 

scheint mir das Herz 

vor Stolz brechen zu wollen; 

ich schau in dein Antlitz, 

und Tränen kommen mir in das Auge. 

All das, was hart und mißtönig ist 

mir im Leben, 

zerschmilzt in eine süße Harmonie – 

und meine Anbetung breitet die Schwingen 

gleich einem frohen Vogel 
im Fluge 
über die See.



Ich weiß, mein Singen macht dir Freude,
 
ich weiß, nur als Sänger werde ich 

vor dich gelassen.
 


Ich rühre mit dem Saume 

der weit ausgebreiteten Schwingen

des Sangs deine Füße, 

die nie zu erreichen 
ich streben könnte.


 
Trunken von Freude des Singens 

vergeß ich mich ganz 

und nenne dich Freund, 
der 
du mein Herr bist. 

 
 

Rabindranath Tagore

aus Gitanjali
Deutsche Nachdichtung von Marie Luise Gothein [1863-1931]

Dienstag, 28. Juli 2020

Reine Liebe zu Gott ...


Die Liebe zu Gott ist rein,
wenn Freude und Leid die gleiche Dankbarkeit einflößen.

Simone Weil


Freitag, 24. Juli 2020

Die Quelle des Guten ist in deinem Innern

Arbeite an deinem Innern. 
Da ist die Quelle des Guten, 
eine unversiegbare Quelle, 
wenn du nur immer nachgräbst.

Marcus Aurelius Antonius

Des Kaisers Marcus Aurelius Antonius Selbstbetrachtungen VII, 59

Alles ist wie durch ein heiliges Band miteinander verflochten

Alles ist wie durch ein heiliges Band miteinander verflochten. Nahezu nichts ist sich fremd. Alles Geschaffene ist einander beigeordnet und zielt auf die Harmonie derselben Welt. Aus allem zusammengesetzt ist eine Welt vorhanden, ein Gott, alles durchdringend, ein Körperstoff, ein Gesetz, eine Vernunft, allen vernünftigen Wesen gemein, und eine Wahrheit, sowie es auch eine Vollkommenheit für all diese verwandten, derselben Vernunft teilhaftigen Wesen gibt.

Marcus Aurelius Antonius

Des Kaisers Marcus Aurelius Antonius Selbstbetrachtungen, VII,9

Die Feindesliebe als Pflicht des Menschen

Es ist ein Vorzug des Menschen, auch diejenigen zu lieben, die ihn beleidigen.  Dahin gelangt man, wenn man bedenkt, dass die Menschen mit uns eines Geschlechtes sind, dass sie aus Unwissenheit und gegen ihren Willen fehlen, dass ihr beide nach kurzer Zeit tot sein werdet und vor allem, dass dein Widersacher dich nicht beschädigt hat. Denn er hat die in dir herrschende Vernunft doch nicht anders gemacht, als sie zuvor war.

Marcus Aurelius Antonius

Des Kaisers Marcus Aurelius Antonius Selbstbetrachtungen VII, 22
Wir sehen  hier, dass viele stoische Lehren an das Christentum erinnern. Ein Heide hält die Feindesliebe für eine Pflicht der Humanität.

Mittwoch, 15. April 2020

Jenseits aller menschlichen Vorstellungskraft

Gott
ist nichts von alledem,
was Du von ihm aussagen kannst.
Er ist jenseits
aller menschlichen Vorstellungskraft
von Form, Wesen oder Gut.


Johannes Tauler